Editorial

Das breite Spektrum der EWTO

Liebe Leser,
diese Zeilen schreibe ich euch aus Bella Italia. Hier beim Italien-Lehrgang mit meinem SiFu GM Prof. Keith R. Kernspecht auf einem alten Gutshof in den sanften Hügeln der Toskana mit Zypressen, Pinien und im Wind wogenden Weizenfeldern fühlt man sich fast in die Zeit der alten Römer versetzt, so wie im Film Gladiator, wenn da nicht noch irgendwo moderne Strommasten in der Gegend stünden …

Nun lasse ich hier die intensiven Eindrücke von unserem 40-Jahre-EWTO-Jubiläumslehrgang in Hockenheim Revue passieren. Ich war überwältigt von der Teilnehmerzahl, von der positiven Stimmung beim Lehrgang, von der großartigen Abendveranstaltung, vom vielen positiven Feedback hinterher und von vielen weiteren Highlights …

Nochmals herzlichen Dank an alle Mitwirkenden und alle Teilnehmer, dass ihr den Event zu einem Meilenstein der EWTO gemacht habt! Und natürlich an SiFu, der die EWTO gründete und aufbaute, und ohne den es nie eine solche Veranstaltung gegeben hätte.

Als ich bei der Abendveranstaltung nach GM Prof. Keith R. Kernspecht und GM Bill Newman mit meinen Mitgeschäftsführern GM Giuseppe Schembri und DaiSifu Andreas Groß auf die Bühne gebeten wurde, stellte der Moderator André Karkalis Fragen über den Erfolg der EWTO und über zukünftige Projekte. Sie will ich an dieser Stelle nochmals ausführlich beantworten!

Der Jubiläumslehrgang war für mich nicht nur eine 40-Jahr-Feier, sondern auch eine „Leistungsschau“ der EWTO und eine Art Bestandsaufnahme. Dass wir hier Mitglieder geehrt haben, die schon mehr als 25, 35 und sogar 40 Jahre in der EWTO sind, zeichnet die Beständigkeit des Verbandes aus. Die durchweg positive Stimmung zu spüren, all die bekannten Gesichter von Mitstreitern zu sehen und zu beobachten, wie hier die verschiedensten Referenten zu Themen des iWT, traditionellen WT, Escrima, ChiKung usw. in Aktion traten oder Teilnehmer in andere Stile wie Karate reinschnupperten, das alles hinterließ einen tiefen Eindruck bei mir.

Dieses Bild zeigt eine Zukunft der Offenheit, und es zeigt auch die Bandbreite der EWTO, die meiner Meinung nach ein wichtiger Baustein für Erfolg sind. Jeder Schulleiter kann aus verschiedenen EWTO-Sparten auswählen und nach eigenem Geschmack vor Ort anbieten, worauf er seinen Schwerpunkt setzen will:
Der eine bietet nur WT an, der nächste ergänzt mit Escrima oder ChiKung usw.

Dies war immer die Stärke der EWTO. SiFu hat den Verband immer schon laufend reformiert. Innovationen – wie die damaligen LatSao-Programme, BlitzDefence und die heutigen iWT-Programme für Meistergrade – waren wichtige Entwicklungen, die außerdem ganz konkrete Anpassungen z.B. an die Anforderungen einer modernen Selbstverteidigung darstellten.

Was sind also unsere nächsten Innovationen?

1. Die EWTO-Schülerprogramme werden auf noch schnellere Verteidigungsfähigkeit getrimmt

  • Reaktions- und Stresstraining von Anfang an
  • Themen wie „Mehrere Angreifer“ und „Bedrohung mit Waffen“ schon für Anfänger
  • Spezielle Übungen zur Steigerung der Schlag- und Trittkraft
  • Thema Boden: Bedrohung, am Boden getreten zu werden etc.

Das alles natürlich angepasst an den Fähigkeitsstand des Anfängers. Diese Neuerungen fließen bereits seit einiger Zeit in die praktischen Teile der Ausbilder-Lehrgänge ein und werden zukünftig auch auf speziellen Leadership-Seminaren für Ausbilder und Schulleiter geschult werden.

2. Verteidigung am Boden

In den Schülerprogrammen sollen die Inhalte, die sowieso schon im Programm sind, systematischer auf die verschiedenen Programme verteilt werden.
In Zusatzprogrammen erhalten die Ausbilder und Lehrer Anleitungen, was sie konkret unterrichten sollen. Dazu gehört auch die Strategie und Biomechanik der Selbstverteidigung am Boden mit WingTsun.

Die Verteidigung in der Bodenlage ist für Schüler als Lernstoff im WT nicht verpflichtend, aber sie sollen die Chance haben, auch diesen Teil der Selbstverteidigung systematisch zu erlernen. Die Verteidigung in der Bodenlage – dazu gehört außerdem, zu verhindern, dass man am Boden landet – nimmt in der Selbstverteidigung nur einen kleinen Teil ein, aber sie gehört dazu und wir wollen und dürfen sie dem Schüler nicht vorenthalten.

An dieser Stelle eine wichtige Information, die ich in anderen Berichten und Editorials auch schon ausführlich behandelt habe, die aber offensichtlich noch nicht bei allen angekommen ist: Es ist nicht geplant, dass nun jeder Grappling lernen muss.

Die Verteidigung am Boden besteht vorwiegend aus dem offensiven Verhindern, dass man auf den Boden kommt und wenn wir da landen sollten, dann setzen wir dort Tritte, Ellbogen, Knie, Fingerstiche etc. ein und wollen schnell aufstehen. Das ist Selbstverteidigung.

Grappling sehe ich als zusätzliche Trainingsmethode, sozusagen als ChiSao am Boden und in der Wurfdistanz. Wir wollen jedem, der das intensivieren will, die Möglichkeit bieten, das professionell zu erlernen. Aber keiner wird dazu gezwungen, so wie keiner in der EWTO gezwungen wird z.B. Escrima oder ChiKung zu machen.

3. Sparte für Sparring, Grappling, intensives Bewegen etc.

Für alle, die mehr machen wollen im Bereich Sparring, Grappling, funktionales Training usw., wollen wir dafür zukünftig eine eigene Sparte anbieten. Sehr viele EWTO-Schulen haben schon eigene Klassen, die sich z.B. Fight-Klasse, Fit4Fight, Kampfklasse o.Ä. nennen. Wir wollen nun diese Bestrebungen aufgreifen und dort auch professionelle Konzepte für den Schulleiter anbieten.

Diese Sparte richtet sich an jüngeres Publikum, das sich noch mehr bewegen will, das ein körperlich noch intensiveres Training sucht, schwitzen will und bewegungssportlich mehr Herausforderung sucht. Damit können wir die EWTO-Angebote wieder in eine weitere Richtung abrunden.

Natürlich spielen unsere akademischen Bemühungen und Kooperationen eine Rolle bei der Weiterentwicklung unserer Programme.
Um all die Bereiche abzudecken, holten wir uns die besten Experten zur Beratung, aber auch um Know-how von den Besten zu bekommen, so z.B. die Budo-Legende Kaicho Jon Bluming, die Grappling Experten GM Gene LeBell und GM Gokor Chivichyan (mit denen wir eine längerfristige Zusammenarbeit planen). Mit deren Gappling-Know-how in Verbindung mit WingTsun arbeiten wir ebenfalls im Bereich „Selbstverteidigung in der Bodenlage“ State of the Art!

Viele Grüße aus dem Süden
Euer GM Oliver König