WingTsun

Schulleiter stellen sich vor

In den nächsten Ausgaben der WingTsun-Welt online werden in lockerer Folge Interviews mit Schulleitern der EWTO veröffentlicht werden. Es werden neben einem Kurzportrait des Schulleiters und der Schule verschiedene Fragen gestellt und beantwortet. Den Anfang machte Sifu Michael Banse aus Großziethen.

Zur Person Sifu Michael Banse:

 Alter: 
 Jahrgang 1969
 Graduierung:  4. TG
 Weitere WT-Qualifikationen:  
 WT Trainer 4, Escrima ÜL, Fachtrainer Gewaltprävention,
 ChiKung ÜL, Leadership 4
 Mit WT begonnen:  1988
 Schulleiter seit:

 1996 (Zweigstelle Berlin-Buckow unter offizieller Leitung von
 DaiSifu Vilimek),
 seit 2000 eigene Schule in Großziethen (Brandenburg)

 WT-Lehrer und SiFu:
 DaiSifu Peter Vilimek (7. PG)
 Ausbildung/Beruf:  Polizeibeamter in Berlin
 Kinder:
 eine Tochter (13 Jahre), ein Sohn (5 Jahre)
 Hobbies neben dem WT:
 Motorradfahren
 Lieblingsfilm:
 keinen Speziellen
 Lieblingsmusik:  Independent
 Lieblingsbuch:
 natürlich WT-Fachlektüre
 Lieblingsspeise:  alles, was schmeckt
 Lieblingsurlaubsziel:  Hauptsache warm
 Ein schöner Tag ist für mich, wenn
 alle Dinge die ich mir vornehme, erledigt sind.
   

Zur WT-Schule:
  

 Größe des Ausbilderteams: 
 sechs Ausbilder 
 Ort:  Schönefeld OT Großziethen in Brandenburg
 Unterricht (Termine pro Woche):  
 3 x / 2 x / 1 x / - / -
   (WT/Kids/Jugend/Senioren/Escrima)
 Termine pro Woche insgesamt:  Alle Termine finden an insgesamt drei Tagen in der Woche statt.
 1x pro Monat ist eine Ausbilderklasse
 Anzahl Techniker:  Elf, davon vier aktuell berufsbedingt nicht aktiv

Das Interview:

WTW: Wie hilft Dir das WT in Deinem Beruf?
Sifu Michael: Ich bin Einsatztrainer bei der Polizei und unterrichte u.a. Selbstverteidigung. WT ist für mich kompromisslose Selbstverteidigung, die realistisch  auf den Straßenkampf ausgelegt ist. Die Konzepte im WT passen auch für die polizeiliche Selbstverteidigung, die sich immer an der realen Situation orientieren muss.

Warum setzt sich in Berlin und Brandenburg nicht WT als offizielle Selbstverteidigung für die Polizei durch?
Ich kann mich nur für Berlin äußern. Hierfür gibt es mehrere Gründe:
1. In Berlin kommen viele Selbstverteidigungsausbilder traditionell aus dem Ju-Jutsu. Letztendlich
    entscheiden sie, was unterrichtet wird. Es ist hier sehr schwer für eine effektive Selbstverteidi-
    gung wie WT, den Fuß in die Tür zu bekommen.
2. WT wird oft missverstanden als zu kompromisslos und daher unverhältnismäßig. Hier gibt es
    noch jede Menge an Überzeugungsarbeit zu leisten; selbst, wenn Spezialeinheiten zumindest
    zeitweise WT trainieren.
3. Auch, wenn WT-BlitzDefence in relativ kurzer Zeit viele Erfolge bringt: Die Beamten bekommen
    aber nur eine geringe Anzahl von Aus- und Fortbildungsstunden für Selbstverteidigung. Aufgrund
    der anstrengenden Schichtdienste und vielen Überstunden entscheiden sich nur wenige, darüber
    hinaus kontinuierlich eine Selbstverteidigung wie WT zu erlernen.

Was kannst Du aus dem Leadership mitnehmen?
Eine Menge! Ich bin betriebswirtschaftlich und im Marketing ein Laie. Deshalb helfen mir die Tipps, die ich dort erhalte. Sehr gut finde ich auch die Themenvielfalt. Und letztendlich ist es auch der Austausch mit anderen Teilnehmern. Es gibt sicherlich Themen, die mir nicht so liegen, dennoch ist die Vielfalt für mich positiv.

Wie hast Du begonnen, die WT-Schule in Großziethen bekannt zu machen?
Ein Großteil meiner Schüler rekrutierte sich aus meiner Schule (offiziell DaiSifu Vilimeks Schule) in Berlin Buckow. Der Rest durch „Mund zu Mund“Propaganda.

Welche Schwierigkeiten gab es?
Zuerst hatte ich keine Räume, da die Gewerbepreise in Großziethen sehr hoch waren. Anfangs trainierten wir an einem Termin in der Woche im Speiseraum der örtlichen Seniorenresidenz und den zweiten Termin in einer alten Schulturnhalle. Aber irgendwie interessierten sich die Leute nicht für das Ambiente, sondern kamen trotzdem immer zahlreicher.

Welche Erfahrungen hast Du mit Einführungsveranstaltungen?
Ich habe mich für eine modifizierte Herangehensweise entschieden. Da ich meine Schule in einem kleinen Ort habe, erreiche ich meine zukünftigen Schüler zu 90 % durch "Mund-zu-Mund"-Propaganda. Ich mache 30 Minuten vor Trainingsbeginn mit Interessenten ein Einführungsgespräch und stecke sie dann sofort in das normale Training. Mit dieser Methode bekomme ich 95 % der Interessenten.

Wie ist das Verhältnis Männer/Frauen/Kinder (in Prozent) in Deiner Schule?
65 % Erwachsene, 35 % Kinder. Bei den Erwachsenen 80 % Männer, bei den Kindern/Jugendlichen 50 % männlich, 50 % weiblich.

Welche Übungen kommen am besten an?
Realistische Selbstverteidigungsanwendungen.

(Wie) Kannst Du Deine beruflichen Erfahrungen als Polizeibeamter in den WT-Unterricht einbringen?
Als Polizist erlebt man viel und hat permanent mit dem Thema „Gewalt“ in allen seinen Facetten zu tun. Manche Übungen oder Anwendungen im WT kann ich mit Erlebnissen aus meinem Beruf verbinden und deren Wichtigkeit verdeutlichen.

Auf dem einen Foto sieht man Dich in einer brenzligen Situation. Welches Verhältnis hast Du dazu, als WT-Lehrer auch einmal den Dummy zu spielen?
Ich halte dies für notwendig. Ich erwarte vom Schüler eine effektive Umsetzung des Gelernten. Kontrollieren kann ich dies nur, wenn ich als Lehrer realistisch angreife und dem Schüler erlaube, konsequent abzuwehren. Der Schüler muss Vertrauen in das Gezeigte entwickeln, um es im Ernstfall einsetzen zu können. Schüler untereinander attackieren sich meist nicht so realistisch.

Worauf legst Du besonderen Wert im Unterricht?
Auf Realismus! Alles, was trainiert wird, muss einen Sinn ergeben und sich an der realen Auseinandersetzung orientieren. Deshalb lege ich besonderen Wert auf reale Angriffe bzw. reale Szenarien.

Wie trainierst Du für das BlitzDefence die Rollenspiele und welche Bedeutung haben sie für Dich?
70 % eines Kampfes spielt sich im Kopf ab. Deshalb ist es unabdingbar notwendig den Umgang mit psychischem Druck zu trainieren. Ich spiele ernsthafte Situationen durch oder thematisiere Erfahrungen meiner Schüler im Unterricht. In meiner Fit&Fight-Class können die Schüler mit ihrer Alltagkleidung trainieren. Ferner verändere ich die Trainingsumgebung: Abdunkeln des Raumes, laute Musik, Bänke und Stühle, die quer im Raum stehen und den Platz einengen, verstärken den Stress für den Schüler. Ich schreie und spiele den Psychopathen, um so meine Schüler auf den Ernstfall vorzubereiten.

Du unterrichtest immer mit ein bis zwei Assistenten. Warum nicht alleine?
Ich habe den Anspruch, in einer Unterrichtseinheit mit jedem Schüler praktisch zu arbeiten. Bei zwölf Schülergraden und ihren speziellen Schwerpunkten ist das ein Zeitproblem. Speziell neue Schüler bedürfen mehr Aufmerksamkeit. Meine Assistenten kümmern sich um die Gruppen, die ich zeitlich erst später betreuen kann, so kommt niemand zu kurz und alle erhalten qualitativ guten Unterricht.

Mit welchen Eigenschaften siehst Du Dich selbst als WT-Lehrer?
Hartnäckig, zielstrebig, humorvoll

Was bedeutet WT-Unterrichten für Dich?
WT ist meiner Meinung nach ein geniales System. Es hat mir oft in brenzligen Situationen geholfen. Es gibt mir Selbstbewusstsein und das ist pure Lebensqualität. Im Unterricht siehst du, wie Menschen sich entwickeln, selbstbewusster werden und eine eigene neue Lebensqualität erfahren. Aus einem vermeintlichen Opfer wird ein selbstbewusster Mensch, der sich an seiner neuen Lebensqualität erfreut. Ich denke, es gibt nichts Besseres für einen Selbstverteidigungslehrer.

Was willst Du den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Sifu Michael: Habt Spaß, aber verliert die Realität im WT nie aus den Augen.

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Sifu Oliver C. Pfannenstiel