WingTsun

Schulleiter stellen sich vor: Sifu Alexander Singh

Sifu Oliver Pfannenstiel führte das Februar-Interview mit EWTO-Schulleiter Sifu Alexander Singh.

 

Zur Person Sifu Alexander Singh:

 Alter: 
 36
 Graduierung:  4. TG WT
 Weitere WT-Qualifikationen:               
 Sifu, Leadership 1-3, Kids-WingTsun-Fachtrainer,
 Gewaltpräventionsfachtrainer, Escrima-Übungsleiter,
 BlitzDefence-Männer
 Mit WT begonnen: 1987
 Schulleiter seit:

 1995

 WT-Lehrer und SiFu:
 DaiSifu Rainer Tausend und SiFu ist GM Keith R.
 Kernspecht
 Ausbildung/Beruf:  Lebenskünstler, (noch) Vordiplominformatiker,
 WingTsun-Lehrer
 Kinder:
 haben sich bisher noch keine bei mir gemeldet…
 Hobbys neben dem WT:
 Für Nichtigkeiten ist keine Zeit.
 Lieblingsfilm:
 Bam Lee
 Lieblingsmusik:  Kung Fu Fighting
 Lieblingsbuch:
 ChiSau von Großmeister Leung Ting
 Lieblingsspeise:  Nr. 112 und Nr. 215 der Menükarte meines China-
 Restaurants
 Lieblingsurlaubsziel:  Trainerakademie Heidelberg, Mutterschule in Hong-
 kong und Geburtshaus von Yip Man in Foshan.
 Natürlich genau in dieser Reihenfolge!
 Ein schöner Tag ist für mich, wenn     
 er mit der SiuNimTau beginnt!

Zur WT-Schule:
  

 Größe des Ausbilderteams: 
 vier Ausbilder
 Ort:  Schweich, Wittlich, Merzig und Bitburg
 Unterricht (Termine pro Woche):        
 1x die Woche Kids-Unterricht und 1x die Woche
 Jugend- und Erwachsene pro Ort
 Termine pro Woche insgesamt:  8
 Anzahl Techniker:  Zwei sind übrig geblieben. Aber es stehen schon
 weitere in der Warteschleife!

Interview:

WTW: Du bist viel unterwegs in Sachen WT. Was spornt Dich an?
Sifu Alexander: Ich möchte dahinter kommen wie WT bzw. das ReakTsun-System von GM Dr. Kernspecht funktioniert!

GM Kernspecht hat beim letzten Trainer-4-Seminar in Berlin Deine Beschreibung des zweiten Timingpunktes lobend erwähnt.

Was genau hast Du herausgearbeitet?
Es ging um das WingTsun-Thema Timing an sich, das ich in meiner Arbeit grundsätzlich genauso beschrieben habe, wie SiFu es auf dem Lehrgang vorgetragen hat.
Der „2. Timingpunkt“ bezeichnet die Schnittstelle bei welcher

a) der Verteidiger den gegnerischen Angriff mittels spezieller Armverformung, Ausweichbewegung und Manipulation ins Leere laufen lässt und er
b) gleichzeitig seinen Konter, mit seinem bis dahin den Angriff begleitenden Arm, einleitet.

Bedingt durch die oben beschriebene Verteidigungsform, fällt der Gegner quasi mit seinem Körpergewicht in den nur schwer abwehrbaren Konter des Verteidigers hinein (die Ausnutzung des gegnerischen Körpergewichts gegen ihn selbst entspricht dem WT-Kraftsatz: Füge dem Gegner seine eigene Kraft hinzu). Der Verteidiger kann seinen Konter zusätzlich noch durch Hinzunahme seines eigenen Körpergewichts, mittels Falling Step, verstärken (die Hinzugabe des Körpergewichts beim Konter des Verteidigers entspricht dem WT-Kraftsatz: Füge Deine eigene Kraft der des Gegners hinzu). Dadurch ist der Konter besonders stark und hat bei optimaler Ausführung K.-o.-Qualität!

Warum hat Dich dieses Thema beschäftigt?

Weil SiFus Timing der Grund ist, weshalb wir alle etwas von ihm auf die Mütze bekommen!
Ich habe gerade eine Fortsetzung meiner 5. PG-Arbeit fertig gestellt. In dieser 8-seitigen Arbeit beschreibe und analysiere ich die Non-Contact-Phase des ReakTsun bis zum Erstkontakt zum gegnerischen Armangriff.

Was bedeutet für Dich Wissenschaftlichkeit beim WT? Welche Bedeutung besitzt sie für den Unterricht und für die Praxis?
Erst Wissenschaftler erheben eine Disziplin zur Wissenschaft. Ich habe mich schon immer an WT analytisch-philosophisch herangetastet. Du kannst zwar nicht irgendwelche Messinstrumente mit dir führen, um dir WT begreifbar zu machen – obwohl das an einigen Stellen sicher interessant wäre – was du aber immer vor Ort einsetzen kannst, ist dein logischer Sachverstand und dein Körpergefühl.
Im Unterricht kann ich wissenschaftliche Thesen wiedergeben und danach handeln, allerdings ohne sie zu beweisen. Das würde den Rahmen des Unterrichts sprengen. In der Praxis, also dem Kampf, bleibt keine Zeit für große Gedanken. Bis dahin sollten die wichtigsten Dinge so gut sitzen, so dass sie schnellstmöglich abgerufen werden können.

„Wissen ist nicht Macht im WT“. An welcher Stelle widersprechen sich fernöstliche Kampfkunstphilosophie und westliche Wissenschaft?
Das Wissen kann immer nur eine Zielvorgabe sein! Erst durch Training und Übung kannst du dich der idealen Zielvorgabe annähern. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Eine Sache zu wissen, ohne sie durch Übung zu verinnerlichen, bringt dich nicht weit. Genauso verhält es sich aber auch, wenn du eine Sache trainierst ohne sie aber richtig zu verstehen. Erst wenn beides – also Wissen und Übung – ineinander greifen, dann kannst du Techniken verbessern.
Grundsätzlich sehe ich keinen Widerspruch zwischen östlicher Philosophie und westlicher Wissenschaft. Es ist eher so, dass viele traditionelle, technische Vorgaben jetzt (erst) wissenschaftlich hinterfragt wurden. Dabei kam SiFu zum Teil zu neuen Ergebnissen. An der grundsätzlichen Philosophie wurde allerdings nicht gerüttelt. Es ist im Gegenteil sogar so, dass der Philosophie des Nachgebens, durch SiFus Überarbeitung der traditionellen Vorgaben, noch konsequenter Rechnung getragen wird als vorher!

Wie hast Du begonnen, Deine WT-Schulen im Landkreis bekannt zu machen?

Durch Werbung in Form von Zeitungsanzeigen, Postern, (ganz vielen) Flyern, lokalen Internetportalen und meiner Homepage.

Welche Schwierigkeiten gab es?

Ich denke, dass in meinen eher dünn besiedelten Gebieten die jungen Leute irgendwann zum Studium oder zur Ausbildung in andere Gegenden und größere Städte wegziehen.
Insgesamt gesehen lassen sich die Bewohner meiner Gegend nicht unbedingt übermäßig für Dinge wie WT begeistern.

Wie haben Dir die Leadership-Seminare geholfen?
Seitdem schreibe ich mir die E-Mail-Adressen und Telefonnummern der Interessenten jedenfalls konsequenter auf als vorher!

Wie ist das Verhältnis Männer/Frauen/Kinder in Deiner Schule?
Männer: 50%, Frauen:10%, Kinder: 40%.

Welche Übungen kommen am besten an?
Nach meinen Umfragen kommt irgendwie alles an oder besser die Mischung von allem. Bei einem einmaligen Training die Woche sollte man, so denke ich, auch versuchen in jedem Training möglichst viele verschiedene Aspekte anzuschneiden. Das Training sollte aber unbedingt einen Konditionsteil enthalten.
Das WT ist so bewegungsarm und energiesparend, dass der Schüler nach dem Training wohlmöglich das Gefühl haben könnte, dass er nichts getan hat. Deshalb sollte der Schüler im Unterricht zum Ausgleich auf die Pratze schlagen und seine Kondition trainieren. Das ist auch für den Ernstfall eine gute Vorbereitung! Auch eine Stresseinheit ist wichtig! Schließlich machen wir immer noch Selbstverteidigung!
 
Worauf legst Du besonderen Wert im Unterricht?

Jeder Lehrer bringt sich als Person irgendwie auch selbst mit ins Training ein. Bei mir heißt das: im Unterricht wird auch immer analysiert und erklärt, es wird immer gegeneinander abgewogen. Da muss ich oft Acht geben, dass mir die Zeit nicht davon läuft, wenn ich so viel erläutere.

Mit welchen Eigenschaften siehst Du Dich selbst als WT-Lehrer?

Vor allen Dingen mit positiven! Ich bin immer freundlich zu meinen Schülern und kann die Dinge ganz gut vermitteln!

Was bedeutet Unterrichten für Dich?

Eigentlich wüsste ich nicht so recht, was ich sonst machen sollte. Ich fürchte, ich bin für normale Arbeiten nicht besonders geeignet.
Beim Unterrichten erkläre ich nicht nur meinen Schülern, wie es geht, sondern auch jedes Mal mir selbst.
Generell sollte man allerdings aufpassen, dass beim Unterrichten der vorgegebenen Programme die eigene Kreativität nicht auf der Strecke bleibt.

Was willst Du den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?

Sehr geehrte Leserinnen und Leser: Sie müssen es selbst herausfinden!

Das Interview führte Sifu Oliver C. Pfannenstiel
Fotos: WT-Schule