WingTsun

Schulleiter stellen sich vor: Sifu Thorsten Elge

Für den Monat Juni hat sich Sifu Oliver Pfannenstiel als Gesprächspartner für das Interview Sifu Thorsten Elge ausgesucht. Dabei sind wieder interessante Fragen und Antworten herausgekommen.

Zur Person Sifu Thorsten Elge:

 Alter: 
 44
 Graduierung:  4. TG WT
 Weitere WT-Qualifikationen:               
 Leadership 4, Fachtrainer Kids-WingTsun und EWTO-
 Gewaltprävention,  ChiKung (Trainer1), BlitzDefence Männer
 Mit WT begonnen:  Februar 1982
 Schulleiter seit:

 seit 1999

 WT-Lehrer und SiFu:
 Großmeister Keith R. Kernspecht (SiFu), DaiSifu Peter Vilimek,
 Sifu Klaus Schildert, DaiSifu Thomas Schrön
 Ausbildung/Beruf:  Dipl.-Informatiker und EWTO-Schulleiter
 Kinder:
 keine
 Hobbys neben dem WT:
 Tauchen, Musik hören
 Lieblingsfilm:
 Ip Man
 Lieblingsmusik:  David Sylvian
 Lieblingsbuch:
 Schwierig, vielleicht „Musashi“
 Lieblingsspeise:  Sushi & Spaghetti
 Lieblingsurlaubsziel:  Bali (da war ich nämlich noch nicht!)
 Ein schöner Tag ist für mich, wenn     
 -
   

Zur WT-Schule:
  

 Größe des Ausbilderteams: 
 10
 Ort:  Hennigsdorf, Falkensee, Oranienburg
 Unterrichtsangebot:        
 WT/Kids/Teens/ChiKung
 (7/5/1/2)
 Termine pro Woche insgesamt:          
 15
 Anzahl Techniker:  10


Interview:

WTW: Du hast 1982 sehr früh mit WT begonnen. Wie bist Du damals dazu gekommen?
Sifu Thorsten: In meiner Kindheit gab es die Fernsehserie „Kung Fu“ und später, 1975, die gleichnamige Comic-Serie. Beide erweckten bei mir ein starkes Interesse an Kung Fu. In den Comics gab es auch Artikel über Bruce Lee und seine WingTsun-Wurzeln. Ferner wurde über einen Großmeister Leung Ting und einen Mann namens Keith R. Kernspecht berichtet. Aber mein Vater erlaubte mir und meinem Bruder zunächst (1976) „nur“ die Mitgliedschaft in einem Judo-Verein. So kaufte und lieh ich mir Bücher über Selbstverteidigung, Kampfkunst und Kampfsportarten. Auch das Wing Tsun Kuen ließ ich mir schicken.
In sämtlichen Kampfkunstschulen bzw. Dojos, die mir interessant erschienen, stand ich für ein Probetraining auf der Matte und war wissbegierig. In meine engere Wahl fiel damals auch der akrobatische und spektakuläre thailändische Meister Sunthus Supasturpong. Aber nach einer Einführungsveranstaltung bei DaiSifu Peter Vilimek erschien mir WingTsun doch passender für mich. Schon damals war ich der Meinung, dass WingTsun das wirkungsvollste Kampfkunstsystem zur Selbstverteidigung ist.

Warum hattest Du zwischenzeitlich aufgehört und bist dann 1996 nach acht Jahren zum WT zurückgekehrt?
Ich wollte alles auf einmal haben – das volle Programm: viel Privatunterricht und regelmäßige Reisen zu allen Lehrgängen meines SiFus. Aber dazu fehlten mir als Schüler bzw. Student die Mittel. Deshalb erschien mir damals ein Weitermachen als nicht sinnvoll. So hörte ich frustriert auf nach dem Motto: Wenn nicht ganz, dann gar nicht. Aber WingTsun ließ mich eben nicht los. So kehrte ich nach meinem Studium wieder zurück zum WT.

Wie unterscheidet sich das WT der 80er Jahre für Dich von dem von heute?
Da gibt es so vieles: BlitzDefence, Kids-WingTsun, EWTO-Gewaltprävention, Leadership, ReakTsun, Langstock ab dem 2. Lehrergrad, Doppelmesser ab dem 4. Lehrergrad, die TG- und Schülergradwochen usw.

Auf was, das Du damals gelernt hast, legst Du heute in Deinem Unterricht noch besonderen Wert?
Auf die Prinzipien und deren Umsetzung natürlich.

Du bist Diplom-Informatiker. Siehst Du Parallelen zwischen WingTsun und Informatik?

Bestimmt gibt es da sehr viele. Spontan fällt mir diese ein: „Reduktion der Komplexität“. Als Informatiker muss man einen komplexen Prozessablauf klar erkennen (Ist-Analyse) und daraus eine Aufgabe formulieren (Soll-Analyse), die von einem Computersystem gelöst werden kann. Letztendlich verstehen Computer nur 0 und 1 – Strom fließt oder Strom fließt nicht. Wenn das keine Reduktion von Komplexität ist!
Beim WingTsun ist es ähnlich: Für die Duellsituation (die es eigentlich nur selten gibt) haben (hatten) wir die Universallösung. Beim BlitzDefence (Ritualkampf) positionieren wir uns in der Vorkampfphase, so dass dem Angreifer wenige Möglichkeiten bleiben.
Und in dem wunderbaren ReakTsun-Programm sehe ich auch eine Reduktion der Komplexität. Welche Bewegungen aus den Sektionen sind nicht im ReakTsun-Schülerprogramm enthalten? Oder nimm einfach nur die WingTsun-Prinzipien. Das ist Reduktion von Komplexität par excellence.

Du bist Hobbytaucher. Kannst Du auch hier etwas aus dem WT einbringen oder umgekehrt?
Klar! Beispielsweise kann Panik in einer Stress- oder Notsituation beim Tauchen schnell einmal tödlich enden. Mein WingTsun-Training hat mir geholfen, in Stresssituationen ruhig zu bleiben. Das spart Luft beim Tauchen. Um Kraft und Luft zu sparen, versuchst du grundsätzlich beim Tauchen dem Wasser möglichst wenig Widerstand zu bieten; es sei denn du möchtest z.B. deinen Abstieg verlangsamen oder dich beim Strömungstauchen extra mitreißen lassen.

Wie hast Du Deine WT-Schulen im Landkreis bekannt gemacht?
Unterschiedlich! In Hennigsdorf gab es bereits Interessenten, die von mir unterrichtet werden wollten. Neben Flyern und Postern habe ich dort zusätzlich Kino-Werbung gemacht. Auch Kids-WingTsun und die Gewaltpräventionskurse sind schon eine gute Werbung. Für die Kinder habe ich in jedem Ort eine Einführungsveranstaltung gemacht. In Falkensee haben am besten Anzeigen und einige PR-Artikel funktioniert. Außerdem hatten wir eine Eröffnungsveranstaltung. In Oranienburg gab es ebenfalls eine Eröffnungsveranstaltung. Die Werbeschilder in der Nähe des S-Bahnhofs brachten schon den einen oder anderen Interessenten. Darüber hinaus werbe ich im Internet für meine Schulen. Die direkte Weiterempfehlung durch meine Schüler ist aber immer noch die beste Werbung.

Welche Schwierigkeiten gab es anfangs und wie hast Du sie gelöst?
Anfangs hatte ich wenig Zeit, da ich noch als Informatiker am Max-Planck-Institut arbeitete. Dann habe ich mich mit WT selbstständig gemacht. Seit 2003 kann ich mich ganz auf WingTsun konzentrieren.

Was nimmst Du aus dem Leadership mit?
Eine ganze Menge. Da kann ich hier jetzt nur einige Beispiele nennen. Wichtig ist mir unter anderem, dass mir die Reflektion der anderen Schulleiter weitergeholfen hat im eigenen Denken und Handeln. Der Austausch mit ihnen war sehr fruchtbar. Dazu zählten nicht nur die neuen Anregungen, sondern auch die Bestärkung bei einigen Ideen. Bei den Treffen konnte ich regelrecht meine Schulleiter-Akkus wieder aufladen.
Ich bin jedenfalls sehr froh über die Entwicklung mit dem Leadership bzw. dass es jetzt eine spezielle Aus- und Weiterbildung für EWTO-Schulleiter gibt. Dadurch konnte auch die Übungsleiter- bzw. Trainerausbildung von den für Schulleiter spezifischen Inhalten getrennt werden.

Welche Übungen kommen am besten an?

Ich glaube grundsätzlich alle Partnerübungen. Egal ob ChiSao, LatSao, SV-Anwendungen, Pratzentraining oder ReakTsun.

Welche Erfahrungen hast Du mit den ReakTsun-Übungen?
Sie sind eine unschätzbare Bereicherung und helfen mir, den Unterricht noch abwechslungsreicher zu gestalten. Bei meinen Schülern kommen die Übungen sehr gut an.
Anfangs war ich ein bisschen skeptisch. Dabei sollte man doch als WingTsun-Lehrer offen und flexibel sein. Das Lernen war auch manchmal ganz schön frustrierend. Aber mein SiFu GM Kernspecht hat nicht locker gelassen. Selbst auf den Technikerwochen hat er immer wieder bei uns „rein geschaut“. Richtig gut geholfen hat mir dann zusätzlich der Unterricht bei DaiSifu Thomas Schrön.

Worauf legst Du besonderen Wert im Unterricht?
Auf eine gute Atmosphäre, in der sich alle wohl fühlen. Aber auch auf Disziplin und Konzentration.

Was bedeutet das Unterrichten für Dich?
Die Erfüllung eines Traums. Schon mit 15 Jahren wollte ich WingTsun-Lehrer werden. Aber es ist natürlich eine große Verantwortung, die man als WingTsun-Lehrer für jeden einzelnen Schüler hat.

Was willst Du den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Was ihr ins WingTsun investiert – bekommt ihr mit Zinsen zurück!

Das Interview führte Sifu Oliver C. Pfannenstiel
Fotos: WT-Schulen Hennigsdorf, Falkensee, Oranienburg