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Vorsicht Kopfnuss!

Was hat Selbstverteidigung mit Tradition zu tun? Und überhaupt. Wozu Etikette, wenn ein knackiger Fauststoß doch alle Probleme schlagartig lösen kann?

Warum verbeugen sich Kampfsportler voreinander? Ein: „Hallo, alles klar?“ müsste doch reichen. Der Gegenüber könnte antworten „Spitze, lass loslegen“ oder „Muss, muss“, je nach Tagesform.

Stattdessen wird aufgereiht, stillgestanden und sich vor Bildern verbeugt.

Ist das überhaupt noch zeitgemäß?

Gegenfrage: „Muss es das sein?“ Ist es ein Nachteil, wenn in einer Kampfkunstschule Disziplin herrscht? Stellen wir uns einmal vor, dies wäre überall so. Denken wir an Schüler, die ihren Lehrern dankbar dafür sind, dass sie Wissen vermittelt bekommen. Träumen wir von Eleven, die ihren ausländischen Mitschülern helfen, den Lehrer zu verstehen, wie es auf WT-Seminare selbstverständlich ist. Stellen wir uns einmal vor, jeder würde versuchen seine eigenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten optimal weiterzuentwickeln.

Aber vielleicht ist das zuviel verlangt. Schließlich sind Respekt und Tradition nicht besonders hip zurzeit. In Hollywoodfilmen hat auch keiner einen Si-Fu. Stattdessen helfen „Personal Trainer“. Die wissen, was zu tun ist.

Nein, WingTsun ist nicht hip. WT hat Tradition und das ist gut so.

Bereits Konfuzius empfahl ein respektvolles Lehrer-Schüler-Verhältnis und unsere eigenen Großmeister leben es uns vor. Bei einem Seminar mit Großmeister Leung Ting kann man es beobachten. Erst verbeugen sich alle Lehrgangsteilnehmer und beide Großmeister vor dem Bild des verstorbenen GM Yip Mans. Danach verbeugt sich Großmeister Kernspecht zusammen mit den Teilnehmern vor seinem chinesischen Lehrer und erst danach verbeugen sich die Schüler vor ihrem europäischen Großmeister.

Aber die Verbeugung ist nicht nur ein Zeichen von Respekt gegenüber dem Lehrer. Es entspricht auch den Umgangsformen innerhalb vieler Kampfkünste, die von Höflichkeit und Disziplin geprägt sind. Für alle seriösen Kampfkünstler gilt:
Schule nicht nur deinen Körper, sondern auch deinen Geist.

Wer nicht nur gegen körperliche Gegner, sondern auch gegen sein eigenes Ego kämpft, ist auf dem richtigen Weg, ein Kampfkünstler im traditionellen, ganzheitlichen Sinne zu werden. Und er braucht keinen Personal Trainer.

 

Autor

André Karkalis

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