WingTsun

Der Fauststoß im WingTsun – Explosionskraft trotz Entspannung?

Letztes Mal haben wir uns angesehen, wie wir unsere Ansteuerung für den ersten Satz verbessern können. Dieses Mal geht es um den zweiten Satz. Warum ist die Faust hier vertikal? Wir liefern euch eine Antwort auf diese und weitere Fragen.

Der klassische WingTsun-Fauststoß wird traditionell vertikal gestoßen. Das bedeutet, dass die Faust so gedreht ist, dass der kleine Finger unten und der Daumen oben ist. Auch dabei gilt wieder: nur die richtigen Muskeln anspannen.

Durch den Trizeps, also den Streckmuskel, wird die Faust nach vorn katapultiert. Um diese „Explosionskraft“ zu trainieren, ist es wichtig, dass der Bizeps nicht angespannt wird. Er hemmt die Bewegung nach vorn.

Man kann auch auf einfache Physik zurückgreifen: Die Kraft ist das Produkt aus Masse und Beschleunigung.
An der Masse der Faust können wir nicht viel ändern, aber an der Beschleunigung. Um einen möglichst starken Fauststoß zu erzeugen, ist es deshalb wichtig den Bizeps lockerzulassen und damit der Trizeps die Faust ungehindert nach vorn schleudern kann. Das ist ein bisschen wie bei einem Katapult.
 

Warum aber vertikal?

Der vertikale WingTsun-Fauststoß

Mit einer kleinen Übung könnt ihr ganz einfach herausfinden, warum das so ist. Stützt euch mit einer Faust an einer Wand ab: Beim ersten Mal ist die Faust horizontal gedreht, beim zweiten Mal vertikal. Bei der horizontalen Variante werden nur die Knöchel von Zeige- und Mittelfinger die Wand berühren, was relativ instabil und wackelig ist. Dies birgt die Gefahr, dass das Handgelenk leicht umgebogen wird, vor allem bei Anfängern. Bei der vertikalen Version berühren die Knöchel der anderen Finger (Mittel-, Ring- und kleiner Finger) die Wand.

Man merkt sofort den Unterschied: Es fühlt sich sehr viel stabiler an. Somit ist für den Anfänger die Gefahr reduziert, sich das Handgelenk umzubiegen oder gar zu verstauchen.
 

Übung:

Jetzt noch eine Übung, damit ihr euren Fauststoß noch besser und stärker machen könnt: umgekehrte Liegestütze.

Man geht in die Liegestützposition. Dabei sind die Fäuste ähnlich wie in der Form zentral und übereinander angeordnet.
Lasst euch langsam, Zentimeter für Zentimeter zum Boden herab. Wenn das Brustbein auf den Handgelenken aufliegt, steht ihr auf und begebt euch wieder in die Ausgangsposition. Nun wird der Vorgang wiederholt.

Am Anfang könnt ihr ein Handtuch unter die Fäuste legen, bis ihr euch das Ganze auf dem normalen Boden zutraut.
Und für die ganz Harten: Probiert diese Übung nur auf einer Faust.

Nach einigen Wiederholungen hält der Partner ein Schlagpolster bereit, auf das dann schnelle und korrekte Kettenfauststöße erfolgen. Er variiert den Abstand: von eurer maximalen Reichweite bis ganz nah vor euch. Die Intervalle können je nach Übung zwischen 30 Sekunden und zwei Minuten andauern.

Dadurch baut ihr im Handumdrehen eure Schlagkraft auf und seid somit in der Lage, euch im Notfall auch wirklich zu verteidigen.

Viel Spaß beim Üben!
 

Text: Sadek Radde
Fotos: mg