BlitzDefence

„Komm schon, stell dich nicht so an“ - Rollenspiele im BlitzDefence für Frauen

Da die meisten Vergewaltigungen, sexuellen Nötigungen und andere Sexualstraftaten im Bekannten- und Verwandtenkreis stattfinden, trainiere ich auch die Trainerinnen vorwiegend in diesem Bereich, um die sogenannte Beziehungstat zu simulieren. Diese liegt immer dann vor, wenn sich zwei Personen, eine Frau und ein Mann, z.B. vor zwei Stunden kennengelernt haben und es dann zu einem Verbrechen kommt. Bevor man eine solche Situation nachstellt, ist es wichtig, allen Teilnehmern vor dem Rollenspiel genau den Sinn, die Situation und die Örtlichkeit zu erklären. Je genauer die Erklärungen, desto besser können sich alle Beteiligten in die Lage hineinversetzen.

Ein Trainer könnte ein Rollenspiel aus Sicht des Angreifers z.B. wie folgt anmoderieren:

"Nehmen wir einmal an, ich lerne in einem Bistro eine für mich interessante junge Frau kennen. Ich nehme Kontakt auf und dieser ist äußerst erfolgreich. Wir kommen ins Gespräch. Sie ist als Frau genau mein Typ. Mittelgroß, schlank, gute Figur, tolle strahlende Augen. Reden kann ich auch prima mit ihr. Wir stellen fest, dass wir die gleichen Interessen haben, nämlich Motorrad fahren und reisen. Wir reden uns fest. Drei Stunden lang. Ich frage sie, möchtest du etwas essen? Sie antwortet mit ja. Wir bestellen uns zwei große Pizzen und trinken eine große Flasche leckeren Lambrusco. Natürlich die gehobene Klasse, ich will mich ja nicht lumpen lassen, bei meiner Traumfrau. Wir stellen fest, dass wir beide ungebunden sind, was die gegenseitige Zuneigung noch erhöht. Nach fünf Stunden toller Gespräche, leisem Flirten, hingebungsvoller Blicke, fragt sie mich, kommst du mit zu mir nach Hause? Ich antworte hocherfreut, na klar, wenn ich dich nicht störe? Spätestens jetzt mache ich mir aber gehörig Gedanken dazu, was heute abend wohl noch Unbekanntes auf mich zukommt. Ich bringe sie also zu ihrer Wohnung. Sie läßt mich ein. Die Wohnung ist klein, aber sehr gemütlich eingerichtet. Sie fragt, ob ich einen Drink möchte. Natürlich möchte ich. Zwei Sherry werden vernichtet. Wir sitzen auf dem Wohnzimmersofa und beginnen uns wieder zu unterhalten. Dann fasse ich ihre Hand, sie lässt sie mir, erwidert meinen Händedruck ..."

Nach dieser Erklärung könnte ein Rollenspiel starten in der z.B. zwei Schülerinnen die beiden Personen aus der beschriebenen Situation nachspielen.

Der "Mann" wird aufdringlich und die Frau lernt in dem Rollenspiel aktiv Ihre Grenzen zu setzen und diese zu kommunizieren.

Ein Beispiel:

Der Mann nimmt die Frau in den Arm oder zieht sie an sich heran, um sie zu küssen. In dem Rollenspiel wird vorausgesetzt, dass die Frau dies nicht möchte. Um dies herauszustellen, könnte sie beispielsweise aufstehen und dem Mann ganz klar die Meinung sagen: "So war das nicht gedacht, als ich dich gebeten habe, mit hoch zu kommen. Dafür kennen wir uns nicht gut genug. LASS DAS ODER DU KANNST GEHEN!"

Es ist auch möglich, verschiedene Vorgänge zu simulieren, indem Frau sich z.B. zuerst nur verbal gegen die Umarmung wehrt und der Partner im Rollenspiel darauf reagiert. Vielleicht lässt er von ihr ab oder sie steht auf, um dominant zu wirken.

Beherrschen die Teilnehmerinnen das Rollenspiel kann es ggf. ausgeweitet werden: Der Mann wird handgreiflich und es folgt der Einsatz von WingTsun-Techniken im Sitzen oder Liegen.

Als Grundsatz des Rollenspiels ist es jedoch wichtig den Teilnehmerinnen immer deutlich zu machen: Lächeln und Höflichkeit bringt dich in Situationen, in denen deine Grenzen überschritten werden nicht weiter. Sei laut, kernig und bestimmend. Ändere deine Sitzposition und stelle dich hin, mache dich größer und sei sehr direkt und verteidige dich mit allem, was du zur Verfügung hast, eventuell auch Gegenstände, egal ob Kugelschreiber oder Blumenvase.

Text: Emanuel Kellert