Escrima

Der Weg zum ersten Schülergrad mit GM Bill Newman

Am 11.11.18 nahm ich zum ersten Mal in der EWTO-Schule in Overath an einem Escrima-Lehrgang mit GM Bill Newman teil. Mit Karneval hatte ich noch nie was am Hut und das Wetter war grau und verregnet. Aber wäre ich Karnevalist und hätten wir 35 Grad im Schatten gehabt, ich wäre trotzdem an diesem Tag hier vor Ort gewesen. Denn für mich war nach einem Lehrgang mit Tom Theren ganz klar, dass ich in irgendeiner Form Escrima weiter trainieren werde.

Nach gut 90 Minuten Fahrt mit dem Auto bin ich glücklich darüber, pünktlich angekommen zu sein. Die Anmeldung ist schnell erledigt und dann warte ich im Gespräch mit anderen Teilnehmern noch kurz auf GM Bill Newman. Die Zeit konnte ich nutzen, um die Enden meiner Escrima-Stöcke mit einem Bienchen-Stempel zu versehen, damit ich sie später nicht verliere.

Kurz darauf betritt GM Bill Newman mit einem freundlichen „good morning“ die Schule. Er begrüßt und bespricht sich kurz noch mit den Organisatoren und schon werden alle zur Aufstellung gebeten. Ich hatte mich schon immer gefragt, ob er wohl komplett auf Englisch unterrichtet und wie weit ich ihm daher folgen könnte. Aber schnell stellte sich heraus, dass er eine angenehme und für mich beruhigende deutsch-englische Mischung spricht, gut gewürzt mit einem tollen Humor. Gut die Hälfte der Teilnehmer will die erste Prüfung absolvieren. Unter den Neulingen bin ich somit zumindest nicht wirklich allein.

Dann geht es los. Kurze Einführung und dann in Folge Hieb 1 und Hieb 4 mit Partner. Immer wieder kommt GM Bill Newman von der Gruppe der höher Graduierten zu uns herüber, um nochmal intensiv und ausführlich die Ausgangsstellung zu zeigen und diese zu erläutern. Dabei ist merklich zu spüren, wie er Feuer und Flamme für sein Element ist. Ihm ist sehr wichtig, dass ich im etwaigen Selbstverteidigungssituation bereit bin. Bereit bin, mich zu bewegen, bereit bin, mich zu schützen, bereit bin, auch zu flüchten. Bei der Selbstverteidigung geht es schließlich um mich „Selbst“. Auf sich selbst „achten“, sowohl im Sinne des Schutzes, als auch insbesondere der Wertschätzung. Mitreißend und fokussiert zugleich sind GM Bill Newmans Ausführungen und Erläuterungen. Dann wieder Hieb 1 und Hieb 4 und ich bin damit beschäftigt, die Schulter vorne zu halten und mich richtig zu bewegen. In den ersten zwei Stunden habe ich bereits so viel Neues an Input, dass ich begeistert bin vom Escrima und trotz sechsjähriger Erfahrung mit WingTsun das Gefühl habe, ein völliger Neuling in der Kampfkunst zu sein. Dieses Gefühl schockt mich jedoch nicht, sondern bereichert mich eher. Also geht es nach der Pause mit Brötchen und einem Kaffee ab in die zweite Einheit mit weiteren zwei Stunden.

Im Fokus der zweiten Einheit ist die Abfolge der Hiebe 2 und 1 mit Partner. Diesmal bewegen sich beide Partner mit den Stöcken, für mich eine gute Herausforderung, was Timing und präzise Ausführung der Bewegung beinhaltet. Wieder schaut GM Bill Newman einige Male vorbei und erklärt detailreich, wie wir uns bereit stellen und wie wir uns bewegen. Dann spricht er mich direkt an und will mich dabei sehen, wie ich die Kombination der Hiebe mache. Meine Arme müssen höher, mein Kopf muss während der ganzen Bewegung hinter der Waffe sein. Vielleicht sind es fünf Minuten, vielleicht etwas mehr, aber gefühlt das sechsfache an Zeit für mich, in denen GM Bill Newman mich immer wieder auffordert, Hieb 2 und 1 auszuführen. Er korrigiert genau und geduldig und ich habe das Gefühl, mit ihm allein im Raum zu stehen. Wunderbar.

Solch eine Fokussierung ermöglicht er in seiner Gegenwart. Danach bin ich erfreut und erschöpft zugleich. Die insgesamt vier Stunden sind sehr intensiv, machen Spaß und begeistern nochmal auf eine neue Art für die Kampfkunst an sich.

Am Ende erhalte ich von GM Bill Newman meine Urkunde zum ersten Schülergrad und er sieht mir meine Freude so sehr an, dass er das Strahlen in meinem Gesicht noch kurz explizit erwähnt.

Unter dem Bienchen an meinen Escrima-Stöcken steht noch was geschrieben: „sehr fleißig“. Das war ich heute wahrlich, weil ich einfach so begeistert war.

Text: Murat Cobanoglu
Fotos: EWTO-Overath/hm